Ein Rollenwechsel als Führungskraft, klingt nach Rente, oder? Das muss nicht so sein.
Wenn wir unsere Führungskraft beschreiben müssten, erhält sie von uns bestimmte Zuschreibungen, die sie in ihrer Rolle mehr oder weniger gut da stehen lassen. Sieht sich der Chef selbst nur in einer Rolle? Ist er der kooperative Begleiter oder der autokratische „im Weg Steher“? Sollten gute Führungskräfte wirklich nur EINE Rolle „spielen“ oder ist es wichtiger, sich mehreren Führungsstilen zu bedienen?

Seien wir doch mal ehrlich: Mitarbeiter wünschen sich eine Führungskraft, die verständnisvoll ist, die die eigene Entwicklung im Unternehmen fördert und selbst kritikfähig ist. Führungsarbeit auf höchstem Niveau! Insbesondere wenn man neu im Unternehmen ist, hat man noch keine Ahnung, wie der eigene Chef wirklich tickt. Ist er der „typische“ Autokrat, der Entscheidungen und Verantwortung kaum abgibt oder steht er für einen „Laissez-faire“ Führungsstil, indem er seinem Team viel Freiheit und Selbstverantwortung überträgt? Oder — ist er beides?

Führung mit Stil

Immer öfters treffen wir auf Personalentwicklungsformate, die eine Reflexion der eigenen Führungsarbeit zum Ziel haben. Das Ausprobieren und das Reflektieren eigener Handlungen sollen zeigen, dass die Führungskraft, die sich als Bürokrat eingeschätzt hat, womöglich mehrere Stile vereint.

Warum das wichtig ist? Die Kraft in der Führung liegt darin, dass mehrere Rollen wahrgenommen werden. Der Einsatz der jeweiligen Rolle ist abhängig von der Situation. Was das bedeutet? Führung bedarf unterschiedlicher Stile, abgeleitet von der jeweiligen Situation. Ich gebe ein Beispiel: Mitarbeiter Bernd ist grundsätzlich sehr engagiert und leistet immer gute Arbeit. Seit wenigen Monaten merkst du als Führungskraft, dass irgendetwas nicht stimmt. Bernd ist nicht mehr so kreativ, seine Leistung lässt nach. Du erfährst von einem Kollegen, dass bei ihm die Scheidung bevorsteht. Würdest du als autokratische Führungskraft hier trotzdem deinen Führungsstil durchziehen und Bernd mit Konsequenzen seiner nachlassenden Leistung „drohen“ oder würdest du in einer anderen Rolle agieren?

Das „Chef sein“ fühlen

Insbesondere im gemeinsamen Reflektieren mit Führungskräften in unterschiedlichen Führungspositionen zeigt sich immer wieder, dass erfolgreiches Führen von den Situationen abhängig passieren muss. Bedeutet: ein „Laissez-faire Führungsstil“ macht nur bei einem Team Sinn,  das bereits im Unternehmen eingearbeitet ist, von den Unternehmenszielen weiß und hohe Kreativität im täglich Tun aufweist. Hingegen zeigt sich der Führungsstil weniger erfolgreich bei Teams, die sehr stark an Strukturen und Vorgaben gebunden sind. Weniger Spielraum bedarf eher strengerer Vorgaben. Für das „sich erleben in verschiedenen Rollen“ gibt es heute bereits eine unzählige Reihe an Formaten. Egal ob interaktive Seminarformate oder Erlebnisse, die einen an die Grenzen treiben – Führungsarbeit muss mit Erlebnissen neu gespürt werden. Erst wenn man als Chef selbst erfahren hat, wie sich Grenzen, ein Gefühl der Unsicherheit oder das Hinterfragen der eigenen Führungsarbeit anfühlen, entwickelt man sich weiter.

And the Oscar goes to…

Führung wird nicht zuletzt von den Mitarbeitern als facettenreiches Rollenspiel gefordert. Das Team erwartet sich vom Chef soziale Empathie, Kritikfähigkeit und zugleich Disziplin für die eigene Arbeit. Wenn man die eigene Führungsarbeit ständig reflektiert, kann das Team auch nach den unterschiedlichen Bedürfnissen geführt werden. Und wer ein Team führt, weiß, dass jeder darin ein klein wenig anders geführt werden muss. Das Ausprobieren der eigenen Rollen in unterschiedlichen Situationen ist das Um und Auf, um als Chef authentisch wahrgenommen zu werden. Und wir alle wissen – Authentizität hat noch keiner Führungskraft geschadet.