Egal ob Scrum, Kaizen, Lean, Pomodoro oder KVP: Alle erfolgreichen Management-Modelle setzen effektives Feedback und kontinuierliches Coaching voraus. Diese vier Regeln sind der Grundpfeiler für ein nachhaltig-wirksames Mitarbeiter-Feedback.
Der Mensch braucht eine Reaktion nach seiner Handlung. Dieses Bedürfnis liegt tief in unserer Natur. Neurowissenschaftlich betrachtet, benötigt unser Gehirn entweder einen Fehler oder einen Erfolg, um lernen zu können. Beim Erfolg schütten wir Hormone aus, die uns in einen Glücksrausch versetzen und festigen damit das vorangesetzte Verhalten im Gehirn. Mit der Aussicht auf diesen Glücksrausch sind wir motiviert und stecken Misserfolge besser weg. Gleichzeitig wird fehlgeschlagenes Verhalten gespeichert, um so die Wiederholung zu vermeiden. In früheren Epochen unserer Zeit, war das Feedback auf unser Verhalten meist unmittelbar und leicht wahrnehmbar. In der heutigen Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsplatz, ist es für Mitarbeiter zunehmend schwer Handlungen als Erfolg oder Fehler einzuschätzen. Homeoffice, wenig soziale Kontakte und straffere Zeitpläne verstärken diese Entwicklung. Das führt zu unmotivierten Mitarbeitern, die sich wenig weiterentwickeln.
Feedback ist also eines der Grundpfeiler für High-Performance-Teams!
Leider ist die Situation in Unternehmen oft eine andere: Eine großangelegte Studie des Gallup Instituts zeigte, dass 74% aller Befragten schlechtes bis gar kein umsetzbares Feedback von ihrem Vorgesetzten erhalten.
Warum ist das so? Feedback-Gespräche bewirken leider nur zu oft das Gegenteil vom gewünschten Ergebnis. Mitarbeiter wollen grundsätzlich ehrlichen Feedback und hoffen auf Bestätigung ihres Verhaltens. Sind die Gesprächspartner weder geschult, noch haben sie eine Vertrauensbasis, führt der erste Funken an Kritik zur Verteidigung des besprochenen Verhaltens. Aus einem konstruktiven Feedback-Gespräch wird dann schnell eine Diskussion, um die Frage der Schuld. Anstatt um Weiterentwicklung, geht es dann um das Eingestehen der Fehler. Währenddessen durchdringt uns ein Unbehagen und alle fühlen sich unwohl.
Dabei ist Feedback sowohl für unseres berufliches als auch privates Wachstum von entscheidender Bedeutung. Während Führungskräfte sich oft davor sträuben, würden sie selbst ebenso profitieren, wenn sie es häufiger tun. Lass uns eintauchen, warum ein bessere Feedback-Kultur für das Unternehmen wichtig ist und wie du Feedback gibst, das seine Wirkung zeigt.
Eine gute Feedback-Kultur verbessert die Leistung
Wenn Mitarbeiter im Unternehmen eine hohe Priorität haben, stellt sich der Erfolg von selbst ein. Eine gewagte Theorie. Doch laut Gallup Studie verzeichnen Unternehmen, die in Mitarbeiter investieren und ein engagiertes Miteinander fördern, im Vergleich zu jenen, die es nicht tun, besser ab: 24% höhere Gewinne und Umsatzsteigerungen von bis zu 20%. “Man darf nicht vergessen, dass eine Hochleistungskultur ohne effektives Feedback und kontinuierliches Coaching nicht existieren kann”, so Chris Musser von Gallup.
Unterschied Feedback, Coaching und Beratung
Die Kombination aus Feedback, Coaching und Beratung schafft die Grundlage für Entwicklung. Während sich das Feedback auf das Spiegeln von vergangenen Handlungen fokussiert, geht Coaching einen Schritt weiter und fördert Selbstreflexion und -wahrnehmung, Bewusstsein und Verantwortung. Damit versucht es, zukünftige Handlungen zu verbessern. In der Beratung wird die verbesserte Handlung empfohlen und eine klare Bewertung abgegeben.
Beratung
- Bewertete Informationen: Das ist gut/schlecht
- Weitergabe von Expertenwissen
- Einfache Kommunikation
Coaching
- Vermittlung von Methoden (Coachee lernt, WIE er sich verbessern kann)
- Liefert keine direkten Lösungsvorschläge bzw. Ratschläge
- Hilft bei der Reflexion und dem setzen von Zielen
Feedback
- Frei von Bewertungen
- Kann eigenständige Reflexion anstoßen
- Spiegel (Rückübermittlung von Informationen an den Sender)
Eine ausgeprägte Feedback-Kultur braucht ein klares Kommittment im Management und der gesamten Belegschaft. Anstatt sich auf Fehler in der Vergangenheit zu konzentrieren, muss ein Umfeld geschaffen werden, dass die Stärken und die Zukunftspotentiale voll ausschöpft. Das Feedback-Gespräch soll genau diesen Prozess in den Mittelpunkt stellen. Dafür haben wir für dich vier Grundregeln aufgestellt:
Vier Grundregeln für wirkungsvolles Mitarbeiter-Feedback
1. Personalisiertes Feedback
Wie sollen Mitarbeiter erkennen, wo sie sich verbessern können, wenn Feedback nur pauschal oder in größeren Gruppen geäußert wird. Nütze Einzelgespräche und konkrete, zeitnahe Beispiele, um die Wirkung zu erhöhen. Nimm dir Zeit und lasse genügend Platz für Rückmeldungen, Wiederholungen und Denkpausen. Schaffe eine positive Atmosphäre, die sich auf Leistung, Verbesserung und Wachstum begründet. Achte bei den Beispielen immer darauf, dass sich das Feedback zu 100% auf den Verantwortungsbereich des Mitarbeiters und der Arbeit bezieht.
Die ganze Geschichte und keine Vermutungen
Vermutungen bringen dich nicht weiter. Du musst dir die Mühe machen, die ganze Geschichte zu kennen. Stell dir vor, du bist der Leiter des Verkauf-Teams und in der vergangenen Woche ist eine Kundenbeschwerde eingegangen. Als du die Beschwerden liest, stellst du dir die Frage, warum die Kunden verärgert waren. Weil der jeweilige Verkäufer den Kunden sitzen lies oder, weil es einen Zwischenfall mit dem Produkt gab? Ersteres sollte Teil des Feedbacks sein und liegt im Verantwortungsbereich des Mitarbeiters. Wenn der Vorfall nicht in der Verantwortung des Mitarbeiters liegt, solltest du ihn dabei unterstützen und ihm Taktiken zeigen, wie man mit verärgerten Kunden umgeht und gemeinsam Lösungen für das Problem findet. Hier ist Coaching gefragt.
Beachte in diesen Gesprächen aber auch den individuellen Lernstil und Persönlichkeit des Mitarbeiters. Einige Mitarbeiter brauchen direkte Kritik während andere sanfter mit Kritik konfrontiert werden wollen. Lerne deine Mitarbeiter zu verstehen und passe die Gespräche entsprechend an.
Nutze diese drei Methoden für maßgeschneidertes Feedback:
- Wertschätzung zeigen: Solange es der Wahrheit entspricht und sich Mitarbeiter darüber freuen, gibt keine Obergrenze für positives Feedback. Hole dir stets in Erinnerung: Mit jedem “Glücksrausch” des Empfängers wird das vorangegangene Verhalten im Gehirn gefestigt. Wenn du deine Mitarbeiter also für ein gewünschtes Verhalten lobst, werden sie es immer öfters wiederholen.
- Direktes Coaching: Fordere deinen Mitarbeiter auf, sich in das Gespräch einzulassen. Versucht gemeinsam die Beweggründe für gewisse Verhalten zu ergründen und führe deinen Coachee zu einer Einstellung der kontinuierlichen Verbesserung.
- Bewerte objektiv: Manchmal wollen Mitarbeiter wissen, wo sie stehen. Eine objektive und ehrliche Bewertung soll daher nicht ausgelassen werden. Wo es möglich ist, bewerte die Leistung anhand von Standards und Kennzahlen. Viele Dinge sind aber nicht messbar. Hier musst du ein Gespür entwickeln und Klarheit im Verhalten des jeweiligen am Arbeitsplatz schaffen. Wenn du dir nicht sicher bist, ob eine Bewertung objektiv genug ist, dann spare sie lieber aus.
- Feedback²: Damit eine Feedback-Kultur wachsen kann, muss Feedback in jede Richtung erlaubt sein. Idealerweise bittest du den Mitarbeiter, ebenso ein Feedback vorzubereiten. Hole dir vor dem Gespräch die Erwartungen des Mitarbeiters ein, mit dem er in das Gespräch geht. Das kann dir dabei helfen noch individueller auf jeden einzelnen Mitarbeiter einzugehen. Frage nach dem Gespräch nach Feedback zum Feedback-Gespräch, um deine Fähigkeiten als Führungskraft zu verbessern.
2. Nutzen Daten, um Verhalten greifbar zu machen
Welche Messwerte waren für deine Mitarbeiter direkt verfolgbar und wie haben sie diese Woche abgeschnitten? Wie waren die Zahlen in diesem Monat bzw. Quartal? Beziehe historische und aktuelle Daten in das Einzelgespräch mit ein. Versucht diese Zahlen gemeinsam zu verstehen, um Rückschlüsse darauf zu ziehen. Vorsicht vor der „Status-Update-Falle“ – wenn Daten nur präsentiert und weder interpretiert noch draus gelernt wird. Konzentriere dich deshalb nicht auf die Zahlen, sondern wie diese tatsächlich verbessert werden können.
Gibt es Fakten oder messbare Zahlen, beruht das Leistungsgespräch auf einer konstruktiven Grundlage. Mitarbeiter sind dann für ihr Handeln verantwortlich und sprechen über greifbare Ergebnisse. Hier könnt ihr gemeinsam Schwierigkeiten ausräumen und authentisches Lob sowie Verbesserungsmöglichkeiten direkt ansprechen. Nutze KPIs und Standard Metriken als Ausgangspunkt für das Gespräch, coache und setze realistische Benchmarks für die nächsten Einzelgespräche.
Oft sind solche Zahlen im Gespräch aber nicht vorhanden. Hier musst du stärker aufgaben- bzw. teambezogen coachen. Welche Teamrolle nimmt der Mitarbeiter ein? Wie werden Aufgaben erledigt? Wie macht er sich im Kontakt mit Kunden oder externen?
3. Das richtige Verhältnis von Lob und konstruktivem Feedback
Nach Untersuchungen der Akademikerin Emily Heaphy und Marical Losada liegt das ideale Verhältnis von Lob zu Kritik bei 5:1. Für jedes negative Feedback braucht es fünf positive Kommentare. Behalte das Verhältnis im Hinterkopf, denn es beeinflusst die Leistung des Mitarbeiters. Wenn du stets achtsam nach positivem Handeln suchst, wird sich auch deine Wahrnehmung ins positive verändern, was generell zu mehr Freude an der Mitarbeiterführung führt.
Werden Mitarbeiter mit konstruktivem Feedback überhäuft, führt dies schnell zu Unzufriedenheit und Motivationsverlust. Ganz gleich welche Anstrengungen unternommen werden, nichts wird gewürdigt. Mitarbeiter mit großer Ambition werden eine Zeit lang weiter pushen, um dich irgendwie zufriedenzustellen. Die meisten Mitarbeiter werden jedoch Motivation verlieren und sich anderweitig umsehen. Immerhin ist laut einer weiteren Studie negatives Feedback immer noch besser als gar keine Rückmeldung.
Welchen Mehrwert engagierte Mitarbeiter für Unternehmen erzielen, zeigt eine weitere Gallup Studie:
- 25% weniger Fluktuation in Unternehmen mit hoher Fluktuation
- 65% geringere Fluktuation in Unternehmen mit geringer Fluktuation
- 37% niedrigere Fehlzeiten
- 10% höhere Kundenkennzahlen
- 21% höhere Produktivität
- 22% höhere Rentabilität.
Konstruktives Feedback ist wichtig, um Verbesserungspotentiale für den Mitarbeiter sichtbar zu machen. Die Anerkennung von erbrachter Leistung darf jedoch niemals in Frage gestellt werden.
4. Das Feedback-Dilema
Wenn es doch nur so einfach wäre. Diese Herausforderungen – einige kennst du vielleicht auch selbst – machen Führungskräften Probleme beim Einzelgespräch.
Vorbereitung ist alles
Gute Mitarbeiterführung braucht seine Zeit und geht nicht nebenbei. So auch bei den Einzelgesprächen. Versuche für jedes Einzelgespräch konkrete Beispiele vorzubereiten, die du ansprechen möchtest und nimm dabei auch den Mitarbeiter in die Pflicht.
Häufiger dafür kürzer
Wenn ihr euch wöchentlich/monatlich zusammensetzt, sind die vorgebrachten Beispiele noch stärker in Erinnerung. Gleichzeitig sinkt der Druck, dass bei diesem einen Gespräch der Durchbruch geschafft werden muss. Behalte in Erinnerung: Der Prozess und nicht das einzelne Gespräch schafft den Mehrwert.
Zeit ist Wertschätzung
Nimm dir genügend Zeit für das Gespräch und gib auch Raum für spontane oder private Gespräche. Wenn jedoch nach 15 Minuten bereits alles gesagt ist, kann das Gespräch natürlich auch frühzeitig beendet werden.
Redezeit
Wenn du das Gefühl hast, dass dein Gegenüber etwas mehr gesprochen hat, war das Verhältnis in etwa ausgeglichen. Versuche mit offenen Fragen die Motive hinter dem Verhalten zu ergründen und gib dem Mitarbeiter immer die Chance das Geschehene aus eigener Perspektive zu erzählen.
Fazit
Jetzt bist du dran! Nutze deine Einzelgespräche, um deine Mitarbeiter zu motivieren, fördern und zu fordern. Wenn du dich als Coach und Mentor deiner Mitarbeiter siehst, wirst du deine Einzelgespräche automatisch verändern. Der Ball bleibt am Rollen, wenn du dir eine Vorlage und einen Prozess für deine Einzelgespräche aufbaust und diese sukzessive verbesserst. Mit authentischen Gesprächen auf Augenhöhe durchdringst du das Stigma des Unbehagens und die Einzelgespräche werden eine Quelle der Motivation.